von Dr. Peter F. Mayer

Spätestens in den vergangenen beiden Wochen ist klar geworden, dass Russland langsam aber sicher immer mehr von seinen Kriegszielen erreicht. Der Kampf um die strategisch wichtige Stadt Artyomovsk/Bakhmut wurde abgeschlossen am Tag genau nach der Säuberung der ebenso wichtigen Stadt Mariupol von ukrainischen Neonazi-Truppen. Die russische Luftwaffe hat gezeigt, dass das fortgeschrittenste US-Waffensysstem Patriot jederzeit vernichtet werden kann – ein schwerer Schlag für das Marketing der Herstellerfirma und generell für den militärisch-industriellen Komplex.

Und die laufende Zerstörung von Waffenlagern, inklusive der britischen Uranmunition mit anschließender Verseuchung großer Teile Europas, machen die angekündigte Offensive ukrainischer Truppen immer unwahrscheinlicher oder zumindest eine krachende Niederlage wahrscheinlicher.

Das ukrainische Regime greift daher zu anderen Methoden, nachdem Präsident (???) Zelenski praktisch in den Westen geflüchtet ist. Der Angriff eines Neonazi-Trupps auf Zivilisten in der Grenzregion von Belgorod, der Drohnenangriff auf den Kreml, sind Teil einer Reihe von verdeckten Operationen, die von den ukrainischen Sicherheitsdiensten koordiniert worden sind, wie mittlerweile auch die New York Times berichtet.

Am Gefährlichsten für die weitere Entwicklung sind aber die Aktionen gegen Pipelines im Schwarzen Meer.

Am 24. Mai steuerte mindestens eine unbemannte ukrainische Marinedrohne, die mit Sprengstoff beladen war, auf das russische Geheimdienstschiff Iwan Khurs zu. Dieses Schiff war zur Bewachung der Turkstream-Pipeline im Einsatz. Die Russen feuerten auf die Drohne, die daraufhin auf dramatische Weise explodierte. Die Russen sagen, dass es noch zwei weitere Drohnen gab, die zerstört wurden.

Es kursiert ein Video, das vermutlich den Kampf gegen diese Drohnen zeigt, aber keine bestätigten Informationen darüber, ob und welche Schäden am russischen Schiff entstanden sind. Pro-ukrainische Quellen sagen, dass die Ivan Khurs beschädigt wurde und in den Hafen zurückkehrt.

Man geht davon aus, dass dieser Angriff darauf abzielte, die russische Schutzhülle für die Pipeline zu entfernen, damit die Ukraine die Turkstream-Pipeline ungehindert sprengen kann. Nach Ansicht des Autors gäbe es keinen anderen Grund für einen solchen Angriff.

Es gibt eine Reihe von beunruhigenden Fakten über diese Operation.

Der erste ist, dass die Ukrainer einen Angriff auf die Turkstream-Pipeline vorbereiteten und das russische Schiff, das die Pipeline bewacht, ausschalten mussten. Turkstream transportiert Erdgas mit einer jährlichen Kapazität von 31,5 Milliarden Kubikmetern und besteht aus zwei 930 Kilometer langen Offshore-Leitungen und zwei separaten Onshore-Leitungen, die 142 Kilometer und 70 Kilometer lang sind.

Einer der Abnehmer für russisches Gas aus dieser Pipeline ist Ungarn. Die Zerstörung von Turkstream wäre ein schwerer Schlag für Ungarn und hätte möglicherweise zu einem Regierungsumsturz in diesem Land geführt. Ungarn unter Viktor Orbán gilt in Washington als pro-russisch. Ungarn hat schon vorher scharf auf von der Ukraine ventilierte Pläne zur Sprengung der Pipeline reagiert und auch Stellungnahmen von der EU-Kommission verlangt.

Offenbar folgen die Aktivitätem der Vorgehensweise bei der Nordstream-Pipeline. Der Unterschied besteht darin, dass es sich um einen politischen Angriff auf die Türkei und Ungarn handelt und nicht um den Verkauf von US-amerikanischem Flüssiggas an beide Länder, wie es bei Deutschland der Fall war.

Die Ivan Khurs ist mit speziellen Sensoren und Kommunikationsgeräten ausgestattet. Sollte sie eine Bedrohung der Pipeline feststellen, würde sie russische Luftangriffe gegen jeden Eindringling anfordern.

Die Ukrainer führten diese Operation im Bosporus durch, etwa 140 Kilometer vom türkischen Festland entfernt. Man kann davon ausgehen, dass dieser Angriff nicht nur den Russen galt, sondern der erste Teil eines Angriffs auf ein NATO-Mitglied, die Türkei und andere Gasverbraucher, insbesondere Ungarn, ebenfalls ein NATO-Mitglied, war.

Die große Entfernung von der Ukraine selbst lässt vermuten, dass die Ukraine Echtzeit-Informationen benötigt hätte, um das russische Schiff zu lokalisieren und es ins Visier zu nehmen.

Jetzt kommt der beunruhigende Teil. Berichten zufolge befand sich eine US-Drohne RQ-4 in der Nähe dieses Vorfalls. Die RQ-4 hätte Echtzeit-Zielinformationen liefern und dieselben Informationen auch an die unbemannte ukrainische Marinedrohne weiterleiten können. Es gibt zwar keine stichhaltigen Beweise dafür, dass die RQ-4 eine Rolle gespielt hat, aber wie hätte die Ukraine diese Operation sonst durchführen können? Die Ukraine verfügt nicht über Langstreckenüberwachungsmöglichkeiten und ist dafür auf US-Nachrichtendienste angewiesen. Außerdem ist bekannt, dass die USA und/oder ihre Verbündeten den Ukrainern systematisch Zielinformationen zur Verfügung gestellt haben. Normalerweise ergibt 2 plus 2 gleich 4, es sei denn, es gibt eine andere Erklärung.

Die Russen sind nicht abgeneigt, US-Drohnen abzuschießen, aber sie haben dies über dem Schwarzen Meer nur dann getan, wenn die US-Drohnen die Sicherheit der Krim oder anderer kritischer Gebiete bedroht haben, in denen sich russische Streitkräfte befinden. Sollte die RQ-4 tatsächlich eine Rolle bei der Vorbereitung dieses Pipeline-Angriffs gespielt haben, könnten die Russen ihre Haltung ändern.

So wie die Nordstream-Operation ein enormes Risiko darstellte, gibt es jetzt ein weiteres, das noch schwerwiegender sein könnte. Im Gegensatz zu den Deutschen, die sich von den Vereinigten Staaten bedroht und eingeschüchtert fühlten und den Mund hielten, wenn es darum ging, wer für Nordstream verantwortlich ist, sind die Türken anders. Recep Tayyip Erdoğan, der türkische Präsident (der jetzt vor einer Stichwahl steht), kann hart und unnachgiebig sein.

Diese Art von Provokationen sind gefährlich und riskant. Aber sie entsprechen auch den Plänen der EU bis 2050 die Verwendung von Erdgas und Erdöl vollständig zu verbieten. Da stören Pipelines nur, die Ungarn mit Erdgas und Erdöl versorgen.

Kremlin.ruCC BY 4.0, via Wikimedia Commons

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