Brandbrief eines Betreibers von Windkraftanlagen
Von Kai Rebmann
Die Maka Windkraftanlagen GmbH (Maka) ist ein in Brakel (Nordrhein-Westfalen) ansässiger Betreiber von Windkraftanlagen. Das Unternehmen erhält seit Monaten eine historisch hohe Vergütung auf den von ihm produzierten Strom und gehört damit zu den „Krisengewinnern“. Doch anstatt sich über den warmen Geldregen zu freuen, dreht sich Wolfgang Kiene „täglich der Magen um.“ Der Maka-Geschäftsführer kann die Nachrichten über steigende Preise und insbesondere Strompreise eigenem Bekunden zufolge nicht mehr hören. In einem offenen Brandbrief an die Politik erklärt er auch warum.
Bei der Aussage, Strom sei knapp und teuer, stimme nur der letzte Teil, so Kiene. Von einer Knappheit könne dagegen keine Rede sein. „Unser Windpark in Fürstenau läuft nur noch wenig. Zumindest, wenn Wind weht. Nicht, weil die Maschinen defekt sind. Nicht etwa, weil das Netz knapp ist. Nein. Weil an der Börse gezockt wird“, ärgert sich Kiene. Die Betreiber von Windkraftanlagen würden vom Gesetzgeber an die Börse gezwungen, weshalb diese aktuell „zu viel“ für ihren Strom bekämen. Der Maka-Chef schreibt dazu: „Für den Monat August 2022 gab es rund 46 Cent für unsere Produktion an der Börse. Dafür muss man sich schämen. Das darf man niemanden erzählen. Aber wir können nichts dafür. Wir müssen an die Börse. Wenn der Strom wenigstens knapp wäre und wir liefern auf Angebot und Nachfrage für diesen Preis. Nein!“
Betreiber bekommen nicht produzierten Strom voll vergütet
Das Schreiben datiert vom 17. September 2022. An diesem Samstag hätte die Anlage in Fürstenau pro Stunde rund 8.000 KWh produzieren können. Sie hat es nicht getan! Warum? Weil sie abgeregelt war, damit an der Börse wieder spekuliert werden konnte, wie Kiene erklärt. Und dann lässt der Experte eine echte Bombe platzen: „Jetzt sollte uns das gar nicht stören. Wir bekommen nämlich den abgeregelten „Strom” voll vergütet. Zahlt ja der Kunde. Dem wird erzählt, der Strom sei knapp und er müsse sparen. In Wahrheit zahlt er den abgeschalteten und den dadurch verknappten Strom und weiß nicht, wie er das stemmen soll.“ Kiene bezeichnet das als „pervers“ und entschuldigt sich bei seinen Kunden mit einem großen „Sorry“ für etwas, für das er im Grunde gar nichts kann.
„Hunderttausende Kilowattstunden“ seien deshalb in den Maka-Windkraftanlagen schon nicht produziert worden, rechnet der Geschäftsführer vor. „Weil die Politik das gar nicht auf dem Schirm hat. AKWs einschalten, weil der Strom knapp ist. Kohle wieder verbrennen, weil der Strom knapp ist und auch ordentlich noch Gas in die Kraftwerke, weil der Strom knapp ist. Und Windparks ausstellen – damit der Strom knapp bleibt. Lieber Stromkunde: Sie werden verarscht und wir auch“, schreibt sich Kiene mehr und mehr in Rage. Er würde gerne den nächsten Bäcker, die nächste Siedlung oder die nächste Fabrik mit bezahlbarem Strom beliefern. Aber: „Ich darf es nicht. Weil die Großen das Geschäft machen, für sich und nicht für die Allgemeinheit. Und die Politik spielt mal wieder mit.“
Strompreis an der Börse steigt exponentiell an
Der Blick auf die Entwicklung des Börsenstrompreises am EPEX-Spotmarkt für Deutschland/Luxemburg zeigt, dass die derzeit pro Megawattstunde aufgerufenen Preise tatsächlich nur sehr bedingt an die Nachfrage gekoppelt sind. Von August 2021 (82,70 Euro) bis August 2022 (465,18 Euro) ist der Preis um mehr als das 5,5-fache gestiegen. Statista schreibt dazu: „Grund für die dramatisch gestiegenen Kosten ist der akute Erdgasmangel auf Grund des russischen Angriffskrieges und die damit einhergehenden Preissteigerungen.“ Diese Aussage allein erklärt jedoch nicht den exponentiellen Anstieg insbesondere in den letzten drei Monaten seit Anfang Juni 2022.
Von August 2021 bis Dezember 2021 hat der Strompreis mehr oder weniger linear angezogen, so wie es aufgrund der stetig steigenden Nachfrage beim Übergang von der warmen in die kalte Jahreszeit auch zu erwarten ist. Von Februar 2022 (128,80 Euro) auf März (252,01 Euro), also unmittelbar nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs, hat sich der Preis dann fast verdoppelt. Aber: Danach sind die Preise an der Börse zunächst wieder deutlich gefallen und erst im Juli 2022 (315 Euro) wieder über das im März erreichte Niveau geklettert, ehe sie im August 2022 den bereits genannten Rekordwert von 465,18 Euro erreichten. Dabei bilden gerade die Monate April bis September den Zeitraum mit dem geringsten Stromverbrauch, sprich der niedrigsten Nachfrage.
Was den Verbrauchern bisher stets mit Putins Spielereien am Gashahn oder der Bildung von Gas-Rücklagen für den Winter erklärt wurde, erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der Ausführungen des Maka-Chefs in einem ganz neuen Licht. Leider hat der Brandbrief mit den mutigen Worten von Wolfgang Kiene einmal mehr nicht den Weg in die Mainstream-Medien gefunden. Umso wichtiger ist es, dass es noch unabhängigen Journalismus gibt, der auch und gerade den kritischen Stimmen in diesem Land Gehör verschafft.
Quelle: reitschuster.de