Alt-Chefredaktor der NZZ am Sonntag würde besser vor der Tür seiner Ex-Arbeitgeberin wischen.

Klaus J. Stöhlker ist Unternehmens­berater für Öffentlichkeits­bildung in Zollikon.

Was „Benissimo National“ am Schweizer Fernsehen bot, war wie das letzte Zittern eines einst munteren Walfischs, der sein Glück in der Vergangenheit sucht, weil niemand glaubt, dass die SRG eine gute Zukunft hat.

Verschämt haben alle Sonntagszeitungen, die sonst erfolgshungrig sind, darauf verzichtet, die Zahl der TV-Zuschauer einer Sendung zu nennen, von der sich die obersten Fernsehchefs viel versprochen hatten.

Schweizer TV, vergiss es.

Nur Grossmütter und Grossväter, die besseren Zeiten nachtrauern und sich der schwierigen Gegenwart verweigern, können diesen Sender noch gut finden.

Politiker und Parteien aber brauchen ihn demnächst mehr als üblich, weil sonst das einfache Volk keinen Wegweiser mehr hat, wen es im kommenden Jahr, wenn Wahlen im Kanton Zürich und national anstehen, wählen soll.

Für anspruchsvolle Landesbewohner, die global den Überblick bewahren wollen, sind die meisten Schweizer Medien untauglich.

Bleibt einzig die „Neue Zürcher Zeitung“, die für eine elitäre, eher ältere Leserschaft rund um den Zürichsee, in Bern und Berlin, taugliche Informationen liefert.

Wer es gewohnt ist, auch Auslandmedien zu lesen, wird die Leistung der NZZ eher mit Vorsicht beurteilen. 

Angeleitet von Chefredaktor Eric Gujer, dem kein Verwaltungsrat auf die Finger schauen darf, fährt die Redaktion einen streng atlantischen Kurs.

Was die US-Regierung bietet und empfiehlt, gilt als Messlatte für uns Europäer und Schweizer.

Es wird zugestanden, dass in „Amerika“, wo 1 (ein) Prozent der Bevölkerung 54% der Vermögen besitzt, manches nicht ganz stimmt. Für die NZZ aber gilt: US first, EU never, Asia with restrictions, China, der Drachen des Teufels.

Ob die NZZ wirklich gut geführt ist, wagen rund um Zürich und in Bern nur wenige infrage zu stellen.

Der Verlag hat auf die Hälfte seines Umsatzes verzichtet, weil er seine Anteile an der „Luzerner Zeitung“ und dem „St. Galler Tagblatt“ an die CH-Media des Aargauer Verlegers Peter Wanner verkaufte.

Es sei zu aufwändig und zu wenig chancenreich, derlei Regionalmedien erfolgreich zu betreiben, hiess es aus der Falkenstrasse. Stimmt das oder war es nur ein Notverkauf?

Der Walliser Verleger Fredy Bayard hat gezeigt, wie man aus einem serbelnden Regionalmedium, dem „Walliser Bote“, ein Spitzenmedium macht. Wer heute den „Walliser Bote“ liest, liest CH-Media in seinen wesentlichen Teilen gratis mit.

Fredy Bayard, dem Prestige fremd ist, hat den Verlag samt Radio und Regional-TV seinen Mitarbeitern verkauft. Jetzt saniert er das „Bieler Tagblatt“ und das „Journal du Jura“. Ein Aussenseiter zeigt der Zürcher Elite, wie man es besser macht.

Gleiches gilt für den Herausgeber von „Inside Paradeplatz“. Das Medium wird heute von der Schweizer Wirtschaftselite gelesen.

Die Erfolge machen andere aufmerksam, weshalb Felix E.  Müller in der jüngsten „NZZ am Sonntag“ in seiner Medienkritik schreiben darf:

„(Schweizer) Redaktionen agieren, wenn es  um Enthüllungen geht, mit Vorsicht. Ausser vielleicht Inside Paradeplatz, wo Wirtschaftsjournalismus auf Boulevard trifft.“ 

Felix E. Müller weiter: „Wenn die Aufdeckung von Skandalen in der Schweiz durch Anwälte und PR-Abteilungen verhindert würden, ist dies oft ein Pyrrhus-Sieg.“

Sie fänden in der „Financial Times“ einen Weg, der vor allem den Schweizer Grossbanken zur Nemesis werde. Es sei britische Arroganz, verbunden mit liberalen Mediengesetzen, die derlei möglich machten.

Solche Kommentare eines einstigen Journalisten der NZZ-Gruppe, der sich heute „Adviser des Swiss Economic Forum“ nennt, das auch der NZZ gehört, sind skandalös.

Kritisiert wird ein seriöser Wirtschaftsjournalist, der auf Inside Paradeplatz mehr zur Aufklärung über wirtschaftliche Vorgänge beiträgt als die NZZ seit Jahrzehnten.

Die beiden letzten grossen Wirtschaftsjournalisten der NZZ waren Hansjörg Abt, der 2018 starb.

Abt hatte Scharfsinn, Witz und Wortgewalt. Willy Linder, 2000 verstorben, war der letzte grosse Leiter der Wirtschaftsredaktion. Nie war die NZZ liberaler als zu seiner Zeit.

Die Selbstgerechtigkeit vieler Schweizer Redaktionen, wo Anspruch und Leistung oft weit auseinanderklaffen, habe ich zum Anlass genommen, die gleiche „NZZ am Sonntag“, wo Felix E. Müller, deren ehemaliger Chefredaktor, Unsinn schreiben darf, genauer unter die Lupe zu nehmen.

Auf der Titelseite am letzten Sonntag ein Primeur „Unter 50jährige erkranken immer häufiger am Krebs“.

Der ganze Artikel beruht auf der Aussage nur eines Arztes, eines Epidemiologen in Genf. Das ist Journalismus in einfacher Form. Wo sind die anderen Quellen?

Auf der gleichen Titelseite wird die Klimajugend gefeiert, die Unis und Gymnasien besetzen wolle. Auch dieser Artikel beruht auf einer einzigen Quelle. Die NZZaS heizt das Thema boulevardesk an.

Ebenfalls boulevardesk auf der Titelseite „Ein Held wird süss“, dazu das die Käufer und Leser anlockend sollende Foto eines sportlichen Ryan Gosling.https://acdn.adnxs.com/dmp/async_usersync.html

Das Heldentum dieses Stars ist sehr boulevardesk, lieber Felix E. Müller.

Ich will diese Sonntagsausgabe nicht hinrichten. Es folgen Angriffe auf Xi Jinping, dem es gleichgültig sein wird, was sie NZZ-Redaktion von ihm hält.

Angriffe gegen die deutsche Ampelkoalition, welche Eric Gujer, Ober-Chefredaktor, ohnehin nicht mag. Er mochte auch „Angie“ Merkel, die Altkanzlerin nicht, die sich weigerte, auf ihn zu hören.

Die NZZaS hat einen grossartigen journalistischen Rennstall: Daniel Foppa, Moritz Kaufmann, Birgit Voigt und einige mehr. Aber stimmt die Linie?

Ich erspare es mir, die redaktionellen Leistungen der „SonntagsZeitung“ der TX Group und des „SoBli“ von Ringier hier im Detail zu würdigen. Auffallend sind zwei Themen:

Die „Sonntagszeitung“ lässt einen Bündner Hotelier vor einem riesigen dampfenden Plausch-Pool darüber jammern, dass die Energiepreise sich für ihn mehr als verzehnfachen würden.

Bisher hat er auf billige Energie spekuliert. Jetzt geht seine Rechnung nicht mehr auf. Die Redaktion lässt die Branche in Bern nach Hilfe (Staatsknete) rufen.

Im SoBli darf Lukas Bärfuss, Hausautor, gegen die Regierung in Teheran anschreiben. Er wird von der Redaktion „Der wichtigste zeitgenössische Schweizer Schriftsteller“ genannt.

Das ist Irreführung in Potenz. Bärfuss ist ein Arbeiterschriftsteller, der um sein Überleben schreibt. Er dient den vorgefassten Meinungen der Ringier-Redaktion.

SoBli-Chefredaktor Gieri Cavelti schaut den Leser auf Seite 2 süffisant wie immer an. Seine Lippen sind zusammengepresst. Was er schreiben lässt, ist das eine; was er denkt, das andere.

Wie die Schweiz unter diesem Bundesrat keine wirtschaftliche und politische Linie gefunden hat, befinden sich auch die Schweizer Medien in einem Taumel der Wahrheitsfindung. Kein Wunder, dass das Volk verwirrt reagiert.

Quelle: insideparadeplatz.ch