von Thomas Oysmüller

Der Sonderausschuss des Europäischen Parlaments legte 274 Punkte vor, um für die nächste Pandemie vorbereitet zu sein. Tenor: Die EU hat den Test (für ihre Demokratie) bestanden. Die Impfung kam schnell und ist sicher und wirksam. Bei der nächsten Pandemie brauche es aber mehr zentrale Kontrolle. Der Entwurf strotzt vor Falschinformationen und Geschichtsrevisionismus.

Mit 274 Erkenntnissen will das EU-Parlament die Lehren aus Covid19 ziehen, um auf die nächste Pandemie besser vorbereitet zu sein. Der Bericht ist ein Lehrbuch, wie man Geschichte verfälscht und in welche Zukunft sich die EU entwickeln soll. Beispiellos sei die Gesundheitskrise gewesen, die EU habe die Prüfung für ihre Demokratie aber bestanden.

Verfälschte Geschichte

Über das fundamentale Recht, dass man nicht gezwungen werden darf, mit einem medizinischen Produkt behandelt zu werden, schweigt der Text. Die „sichere und wirksame“ Impfung habe 250.00 Leben gerettet. Das Zertifikat, mit dem die Bürger massiv eingeschränkt wurden, lobt man ebenso wie den Kampf gegen Desinformation. Was auch deutlich herauszulesen ist: Das nächste Mal sollen die verschiedenen Staaten weniger ihre eigene Suppe kochen. Stattdessen bräuchte es mehr zentralisierte Verwaltung und Vorgaben von oben.

Zwei Punkte vorne weg, um den Geschichtsrevisionismus zu erfassen, der hier betrieben wird. In Punkt eins schreibt der Ausschuss:

„Das Europäische Parlament erkennt an, dass die Ausbreitung von COVID-19 Millionen von Menschenleben in Europa und der Welt gekostet und irreparable Schäden verursacht hat und dass die EU, ebenso wie der Rest der Welt, nicht darauf vorbereitet war, diese beispiellose Gesundheitskrise und ihre Schockwellen zu bekämpfen, die viele Gesellschaften und Volkswirtschaften weltweit getroffen haben;

Punkt sechs lautet:

„Das Europäische Parlament hebt hervor, dass die Welt 2020 nicht darauf vorbereitet war, die Folgen der COVID19-Pandemie zu bewältigen und Europa vor der schwierigsten sozioökonomischen Krise seit dem zweiten Weltkrieg stand.“

Man denke an dieser Stelle an das Urteil von Franz Allerberger, der im Juni 2021 als AGES-Chef klargestellt hatte, dass man ohne PCR-Test sehr wenig von der sogenannten Covid-19-Pandemie gespürt hätte. Die „schwierigste sozioökonomische Krise seit dem zweiten Weltkrieg“ wurde durch die Politik und ihre autoritären Lockdown-Restriktionen ausgelöst. Die Folgen dieser Politik – Stichwort Inflation und Gesundheitsschäden – sind täglich zu spüren.

Der rumänische EU-Abgeordnete Christian Terhes hatte die Fraktion der kritischen Abgeordneten während Covid angeführt. Zusammen mit einer Handvoll Kollegen versuchte er gegen Impfdruck und Impfzwang (auch im EU-Parlament) vorzugehen. Er spricht angesichts des ersten Entwurfs zu „Erkenntnissen zu Covid-19“ von der „größten Korruptionsvertuschung in der Geschichte der Europäischen Union“. Es sei „offensichtlich, das einige politische Gruppen des Parlaments den Missbrauch der EU-Kommission verteidigen und decken“ wollten. Im Bericht würde etwa nicht erwähnt werden, dass der Vertrag zwischen Pfizer und der EU selbst dem Parlament weiter vorenthalten werde oder dass von der Leyen ihre SMS mit dem Pfizer-Chef nicht herausgibt.

Die sehenswerte dreiminütige Rede von Terhes in der Covid-U-Kommission räumt mit dem Bericht auf. Etwa dass die Länder mit der höchsten Impfrate nun die höchste Sterblichkeitsrate hätten, wird vom Bericht ignoriert. Das ist nicht der einzige hochbrisante Punkt, den der Rumäne anspricht:

Teilweise könnte man – wenn man gnädig mit Brüssel wäre – selbstkritische Töne herauslesen. Punkt 106 lautet: Die Kommission fordere „die Mitgliedstaaten und die Hersteller nachdrücklich auf, potenzielle Nebenwirkungen von Impfstoffen besser zu kommunizieren, und zwar auf eine einheitliche und koordinierte Weise, um Impfskepsis und Fehlinformationen zu vermeiden.“ Bedeutet das, dass die Propaganda von „sicher und wirksam“ „Impfskepsis und Fehlinformation“ gefördert hätten? Oder bedeutet das, dass man restriktiver gegen „Fehlinformationen“ vorgehen sollte? Die nächste Pandemie wird es zeigen. Vor fremder (ausländischer) Desinformation fürchtet man sich in der EU; das geht deutlich hervor. Das Empire ist paranoid.

Die Aufarbeitung von oben

Immerhin: Die EMA müsse “ihre Transparenz, ihre Kommunikation und die Verfügbarkeit von Informationen über Impfstoffe und die Zulassungsverfahren verbessern muss, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu fördern“ (Punkt 112). Gleichzeitig war die „gemeinsame Bekämpfung gegen Desinformation“ im Sommer 2020 (!) völlig richtig. Im Sommer 2020 stand die mRNA-Behandlung noch Monate vor der Zulassung.

Was falsch und richtig ist, soll Brüssel bestimmen. Und was „richtig“ ist, das zeigt sich im Bericht unmissverständlich: Die mRNA-Präpatarate werden weiterhin als „sicher und wirksam“ verstanden. Man behauptet sogar, dass man mit der Impfkampagne 250.000 Leben gerettet hätte.

Das digitale grüne Zertifikat wird gänzlich gelobt. In Orwells Logik behauptet man dass die neuen Mobilitätsvorgaben, die „Freizügigkeit“ gesichert hätte. Einzig die „unterschiedlichen Ansätze der Mitgliedstaaten“ hätten „das Vertrauen der Öffentlichkeit“ in das Zertifikat „untergraben“ (Punkt 134).

Covid19 sei „ein Stresstest für die demokratische Resilienz der EU“ gewesen. Dem würden wohl auch die Bürger beipflichten, aber in einem anderen Sinn, als es das EU-Parlament versteht. Noch dazu habe sich die „COVID-19-Pandemie beschleunigend auf die Veränderungen in Richtung des digitalen und grünen Wandels“ (Punkt 3) ausgewirkt.

Das ist die „Aufarbeitung“, die Brüssel seinen Bürgern serviert. Und die nächste Pandemie kommt bestimmt.

Bild European Parliament from EU, State of the EU MEPs debate measures to improve Europe (50349454122)CC BY 2.0

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