„Zustände wie in einem autoritären Regime“ – unter diesem Artikel ist auf meiner Seite kürzlich ein Interview mit einem Berliner Polizisten erschienen. Was der Mann nach 27 Jahren im gehobenen Dienst an Innenansichten aus der Hauptstadt liefert, ist unfassbar. Und wirft ein erschreckendes Licht auf die Zustände bei den Ordnungshütern, die wegen ihrer Brutalität im Umgang mit Demonstranten sogar ins Visier des damaligen Berichterstatters für Folter der UNO gerieten, der von einer „Kultur der Polizeigewalt“ spricht; zwei Menschen starben nach brutalen Polizeieinsätzen (siehe hier und hier). Nach dem Interview folgte postwendend die Reaktion der Berliner Polizei – in Verachtung der Gesetze und der Grundsätze der Demokratie verweigerten sie der Autorin forthin Presseauskünfte und sprachen ihr ab, Journalistin zu sein. Dass Behörden in Deutschland entscheiden, wer Journalist ist oder nicht, sollte eigentlich als Lehre aus der Geschichte tabu sein. Auch aus der Polizei bekam ich Reaktionen auf den Beitrag – zustimmende, von Beamten, die ebenfalls ihr Leid klagten. Ein Brief hat mich so berührt, dass ich ihn – nach Rücksprache mit dem Absender –  veröffentlichen möchte. Besonders drastische Details habe ich dabei gestrichen, da sie die Gefahr mit sich bringen würden, dass der Beamte (m/w/d) zu identifizieren ist.

Trotz flächendeckendem 2G-Testnachweis nur für Dienstgebrauch

Wenn ich also dann den Corona-Test auf der Dienststelle durchführen ließ, wurde wie folgt vorgegangen:

Der geimpfte Kollege/die Kollegin wurde von einem „geschulten“ Beamten (Selbsttestassistenten) getestet und das negative Ergebnis wurde diesem auf einem Testnachweis bestätigt. Der Geimpfte konnte diesen Testnachweis, auch wenn nicht erforderlich, für den Dienst benutzen. Er konnte den Testnachweis allerdings auch für private Angelegenheiten verwenden, wie zum Beispiel den Besuch eines Schwimmbades oder Restaurants.

Die ungeimpften Kollegen wurden ebenfalls getestet. Der Unterschied hier war, dass der Ungeimpfte seinen Test ausdrücklich nur für innerdienstliche Zwecke nutzen durfte. Dieser spezielle Testnachweis wurde so gestaltet, dass in dicker und roter Schrift darauf hingewiesen wurde, dass dieser Test nur für innerdienstliche Zwecke der Bundespolizei gültig sei. Dadurch wurde dem Prüfer des Dokuments sofort klar, dass dieser Test nicht anzuerkennen ist, wenn er außerhalb der Bundespolizei genutzt wird.

Die Behörde erließ speziell dafür eine Handlungsanweisung, der die Selbsttestassistenten dazu verpflichtete, den ungeimpften Kollegen diesen Testnachweis auszustellen.

Das interessante hierbei ist zudem, dass es den Ungeimpften zu der Zeit sowieso nur möglich gewesen ist, mit einem Testnachweis den ÖPNV/ Bus/Bahn zu nutzen, da für alles andere 2G oder 2G+ galt.

Während also die geimpften Kollegen munter feiern und essen gehen durften, taten sich die ungeimpften Kollegen schwer, überhaupt zum Dienst zu erscheinen.

Für eine Behörde wie die Bundespolizei, deren Beamte meistens auf die Bahn angewiesen sind und pendeln, ein Albtraum. In meinen Augen war dies reine Schikane. Die bereits belastende Situation für die ungeimpften Kollegen und Kolleginnen wurde absichtlich erschwert, um ihnen die nötige „Motivation“ zur Impfung zu geben. Aber dann immer wieder lauthals zu behaupten, es gebe keinen Impfzwang, ist einfach bodenlos. Die Polizei gängelt ihre eigenen Beamten, um ja jeden auf Kurs zu bringen und Abweichler zur Schau zur stellen.

Ich kam nach 2 Monaten an den Punkt, dass ich dem Druck fast nicht standgehalten hätte. Fast. Denn so leicht wollte ich mich nicht unterkriegen lassen. Also testete ich mich immer wieder und wieder. Selbst die Kollegen waren erstaunt, dass ich immer noch ungeimpft war.

Im Aufenthaltsraum wünschte man den Ungeimpften den Tod

Aber neben solch ausgrenzenden Verfügungen und Regeln durfte es natürlich nicht an ausgrenzenden Äußerungen gegenüber Ungeimpften durch Kollegen und Kolleginnen fehlen. Im Aufenthaltsraum wünschte man sich unter anderem, während gerade die Nachrichten auf dem TV liefen, den Ungeimpften den Tod und dass sie elendig an Corona verrecken sollen. In meinen Augen eine Aussage, welche die charakterliche Eignung eines Hoheits- und Waffenträgers in Frage stellt. Konsequenzen hier: keine.

Äußert man hingegen zu oft Kritik oder stellt unangenehme Fragen bzgl. der Coronamaßnahmen und der Coronapolitik, muss man aufpassen, dass einem selbst die charakterliche Eignung nicht aberkannt wird. Dies würde nämlich bedeuten, dass meine Ansichten nicht der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entsprechen würden, da ja jegliche Kritik an der Coronapolitik stets „rechts“ sei und man aus diesem Grund aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden würde.

Disziplinarverfahren wegen kritischer Informationen

Wer denkt, in XXXXXXXX (Stadt aus Gründen der Diskretion geschwärzt) wäre es schlimm, der schaut lieber mal auf die Dienststelle am Frankfurter Flughafen.

Ein guter Freund von mir erzählte, dass es auf seiner Dienststelle einen Kollegen gab, der öfter im Aufenthaltsraum ein DIN-A4-Blatt mit kritischen Berichten bzgl. der Coronapolitik und des Themas Corona als solches auf den Tisch legte. Zunächst wurden die Blätter von anderen Kollegen nach dem Entdecken zerrissen und in den Müll geworfen. Einmal legte dieser unbekannte Kollege/die Kollegin wohl einmal zu viel dieses Infoblatt auf den Tisch, denn es folgte dann die Sicherstellung des Blattes zur Beweissicherung und anschließend wurde ein Disziplinarverfahren gegen Unbekannt eröffnet.

Die Vorgesetzten der Dienstgruppe befragten daraufhin einzeln die Kollegen und Kolleginnen, ob ihnen denn ein Kollege aufgefallen sei, welcher sich des Öfteren kritisch zum Thema Corona geäußert habe.

Die Vorgesetzten gaben der Dienstgruppe zu verstehen, dass wenn sich herausstellen sollte, wer dieser Kollege oder die Kollegin ist, der diese Blätter verteilt, dass dieser sich schon mal von seinem Job verabschieden kann.

Ein Vorgehen, wie wir es aus anderen Zeiten kennen.

Es hat mich zutiefst erschreckt, zu welch einem Apparat die Bundespolizei verkommen ist. Jahrelang lehrte man uns in der Polizeiausbildung die Grundrechte, wie sie geschützt sind und was es braucht, diese einzuschränken. Nach der Ausbildung sah ich im Zusammenhang mit Corona leider nichts davon. Will man sich für die Einhaltung der Grundrechte einsetzen, drohen dienstrechtliche Konsequenzen, die mit der Entlassung einhergehen. Ein schweres Dilemma, da man auch private Verpflichtungen hat.

Es fällt mir und sicher vielen weiteren Kollegen zunehmend schwerer, mich überhaupt noch für den Dienst bei der Polizei zu motivieren. Über einen Jobwechsel denke ich sehr oft nach. Dabei war die Arbeit bei der Polizei immer mein Traumjob.

Dieser innere Konflikt und der Umgang der Behörde mit Andersdenkenden ging so weit, dass ich am Rande der Depression stand und drohte hinabzustürzen. Nur mit der Hilfe meiner Partnerin und dem Gedanken, dass ich als Polizist zwar nicht die Welt verändern kann, aber zumindest meinen Mitmenschen den Kontakt mit der Polizei menschlicher und angenehmer gestalten kann, treiben mich momentan noch an. Fragt sich nur, wie lange noch …

Quelle: reitschuster.de