Einer der häufigsten Vorwürfe gegen Bill Gates ist der des Imperialisten. Der Microsoft-Gründer, schelten die Gates-Gegner, respektiere keine Grenzen und dringe ständig aggressiv in fremde Territorien ein – mit dem einzigen Ziel, dort die Marktbeherrschung zu erstreiten.
Jetzt bekommen die Microsoft-Kritiker neue Munition. Denn der Softwareriese hat in den USA ein Patent erhalten, das ihm sogar die Hoheit über den menschlichen Körper sichert. Das US-Patent 6,754,472 gewährt Microsoft nämlich das Vorrecht, die Haut als Datenleitung nutzen.
In dem Patent geht es um Technologien, mit denen Strom und Daten an Geräte geliefert wird, die an Menschen angeschlossen sind. Der Körper wird dabei zum Leit-Medium, sozusagen zum integralen Bestandteil eines Computernetzwerkes. Eingereicht hat Microsoft dieses Patent bereits vor gut vier Jahren. Jetzt hat das US-Patentamt seinen Segen erteilt – und das, obwohl viele Konzerne und Forscher wie IBM oder das deutsche Fraunhofer-Institut seit Jahren in dieser Richtung experimentieren. “Big Blue” ist derzeit noch ratlos, inwieweit das Patent seine Forschungen behindert.
Mit den neuen Technologien könnten etwa kleine, mobile Geräte wie Handys, Westentaschenrechner, Pager, MP3-Spieler oder Kopfhörer mit Strom versorgt werden. Ein einziger Akku, mit Elektroden an den Menschen angeschlossen, könnte die Utensilien speisen und nach Visionen von Microsoft vielleicht sogar die Bewegung des Menschen nutzen, um sich wie eine Uhr oder eine Autobatterie ständig selbst wieder aufzuladen. Denkbar wäre auch, für die vielteilige Ausrüstung nur eine einzige Tastatur zu nutzen – und das könnte nach Vorstellung der Microsoft-Vordenker wiederum die Haut selbst sein. “Der Widerstand, den der menschliche Körper bietet, könnte für eine Tastatur oder andere Eingabe-Vorrichtungen genutzt werden”, heißt es in der Patent-Schrift. Indem beispielsweise der Abstand zwischen Eingabepunkten auf der Haut variiert wird, könnten verschiedene Signale generiert werden. Ganz weit in die Zukunft gedacht könnte das bedeuten, dass man eine Telefonnummer ganz einfach auf seinen Unterarm tippt. Auch Spezial-Brillen sind denkbar, auf die sich Videos oder Fotos übertragen ließen – als Monitorersatz. Und Lautsprecher würden über Ohrringe angeschlossen – was auch für die Medizin interessant sein könnte; denn die Ohrringe könnten etwa gleich den Blutdruck messen und die Daten an den Arzt mailen.
Anders als die Funkübertragung etwa per Bluetooth, mit der Kleingeräte bereits heute vernetzt werden, soll die Haut-gestützte Datenübertragung störungsfreier sein und auch nicht so leicht missbraucht werden können wie die offenen Netze der Gegenwart.
Neu ist das alles mitnichten. Bereits Mitte der neunziger Jahre hatte IBM demonstriert, wie sich per Handschlag beispielsweise Visitenkarten austauschen lassen. Doch Microsoft hat offenbar erstmals alle Elemente und Technologien zusammengefasst und ein Komplett-Patent auf die Haut angemeldet.
Nicht nur bei anderen Technologiekonzernen ist das allerdings auf Kritik gestoßen. Auch Bürgerrechtler wie die kanadische ETC Group (Action Group on Erosion, Technology and Concentration) sind besorgt: “Körperteile, in diesem Fall die Haut, sollten auf keinen Fall patentierbar sein”, sagte der britische ETC-Sprecher Jim Thomas. Außerdem sei problematisch, dass Menschen vielleicht irgendwann die Nutzung solcher Technologien nicht mehr verweigern könnten, wenn sie etwa von Behörden zur Aufenthalts-Kontrolle genützt würden.
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