Als ich am Freitag die Nachricht im Radio gehört habe, dass in NRW die Lohnfortzahlung für Ungeimpfte abgeschafft werden soll, war ich doch erst einmal irritiert. 

Wieso sollte der Gesundheitsminister in NRW Herr Karl Josef Laumann über eine Entgeltfortzahlung entscheiden können ?

In diesem Beitrag erfahren Sie, warum weder die Gesundheitsminister der Länder noch unser Gesundheitsminister Jens Spahn über eine „Lohnfortzahlung“ entscheiden können und warum die Arbeitgeber sich über die Neuerungen eigentlich überhaupt nicht freuen können.

 Entgeltfortzahlung nach Entgeltfortzahlungsgesetz

Zunächst einmal gibt es überhaupt keine Lohnfortzahlung. Es gibt nur die Entgeltfortzahlung und die ist im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt.

Danach hat der Arbeitgeber im Falle einer „Erkrankung“ des Arbeitnehmers bis zu 6 Wochen das Entgelt fortzuzahlen und danach gibt es Geld von der Krankenkasse.

Daran kann aber Herr Karl Josef Laumann als Gesundheitsminister in NRW nichts ändern, weil dieses in den Bereich der Bundeszuständigkeit fällt und dort nicht in den Gesundheitsbereich sondern die von Bundesarbeitsministers Hubertus Heil ,der über eine solche Änderung nach meinem Kenntnisstand aber nicht nachdenkt.

Quarantäneentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz


Die Entgeltfortzahlung war damit auch gar nicht gemeint. Das was Herr Karl Josef Laumann meint, ist die Qurantäneentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz.

Diese wird vom Land gezahlt, wenn jemand als Kontaktperson in Quarantäne geschickt wird und nicht im Homeoffice arbeiten kann.

Die Abwicklung wurde bislang unproblematisch so gehandhabt, dass der Arbeitgeber bei einer angeordneten Quarantäne und der fehlenden Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, zunächst den Lohn weitergezahlt und sich dann vom Land diese Entgeltfortzahlung als Quarantäneentschädigung zurückholt hat.



§ 56 Abs. 1 S. 4 Infektionsschutzgesetz

Die Tatsache, dass Ungeimpfte keine Quarantäneentschädigung bekommen können, ist schon lange in § 56 Abs. 1 S. 4 Infektionsschutzgesetz geregelt.

Eine Entschädigung …. erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung ……., die gesetzlich vorgeschrieben ist ……oder öffentlich empfohlen wurde…. eine Absonderung hätte vermeiden können. 

Sinngemäß – wenn Sie eine öffentlich empfohlene Impfung nicht wahrnehmen und in Quarantäne gesetzt werden, haben Sie keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz.

Früher waren hier klassisch die Fälle der Reiserückkehrer gemeint, d. h. solche, die mit einer meldepflichtigen Krankheit von einer Reise zurückkamen, die vermeidbar gewesen wäre, wenn man sich geimpft hätte.

Dafür muss kein Gesetz geändert werden und es wurde auch kein Gesetz geändert.

Bezogen auf die aktuelle Situation haben wir zwar keine gesetzliche Impfpflicht aber eine öffentliche Empfehlung der StiKo, so dass dann § 56 Abs. 1 S. 4 Infektionsschutzgesetz tatsächlich dazu führen könnte, dass ein Entschädigungsanspruch entfällt.

Da bislang flächendeckend eine Impfung unter normalen Bedingungen -also nicht auf einen IKEA Parkplatz oder in der U-Bahn -noch nicht für alle Impfwilligen gewährleistet war, haben die Länder bislang davon abgesehen, sich auf § 56 Abs. 1 S. 4 Infektionsschutzgesetz zu berufen.

Das soll sich jetzt ändern und dann kann sich der Arbeitgeber das Geld ,was er an den Arbeitnehmer im Fall einer Quarantäne gezahlt hat, gerade nicht zurückholen.

Entgeltfortzahlungsanspruch bei Krankheit unberührt

Wenn der Arbeitnehmer gleichzeitig krank ist, kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung nur ausnahmsweise verweigern, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet hat und der Arbeitnehmer das beweisen kann. Das wird von der Rechtsprechung aber nur in ganz seltenen Ausnahmefällen bejaht und ohne eine gesetzliche Impfpflicht sehe ich keine Möglichkeit, dass der Arbeitgeber allein aus der Tatsache, dass sich jemand „nicht impfen lässt“ ein Verschulden beweisen kann.

D.h. wenn Sie arbeitsunfähig, d.h. krank sind und gleichzeitig in Quarantäne geschickt werden, habt Sie einen Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, der mit dem Quarantäneentschädigung gar nichts zu tun hat.

Quarantäneentschädigung ≠ Entgeltfortzahlung

Wenn Herr Karl Josef Laumann also sagt, dass er es den Ungeimpften «ungemütlich» machen  will, dann kann er dies auf den 1. Blick nur in Bezug auf die Quarantäneentschädigung aber nicht in Bezug auf die Entgeltfortzahlung.

Und das wird vor Allem die Arbeitgeber auf dem 2. Blick vor ganz andere Probleme stellen:

  • Arbeitgeber dürfen -abgesehen von konkreten Berufsgruppen – die Arbeitnehmer grds. nicht danach fragen, ob sie geimpft sind. Wie soll der Arbeitgeber dann entscheiden?
  • Viele der Kosten werden dadurch letztlich auf die Arbeitgeber verlagert.
    • Denn die Arbeitnehmer könnten sich krank schreiben lassen und haben dann einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung
    • Sollte der Arbeitnehmer nicht gleichzeitig krank sein, könnte sich ein Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber auch aus § 616 S. 1 BGB ergeben, wenn diese Vorschrift im Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen ist.

So führt diese vermeintliche „Neuregelung“ nur dazu, dass noch mehr Spannungen in das Arbeitsverhältnis geraten und letztlich die Arbeitgeber die Kosten allein tragen müssen, die sie sonst vom Land erstattet bekommen hätten.

Ich berate und vertrete sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer !