29.11.23 (15)

Dr. Peter F. Mayer

Gestern haben die federführenden Ausschüsse des EU-Parlaments für die Schaffung eines „Europäischen Raums für Gesundheitsdaten“ (EHDS) gestimmt, mit dem Informationen über sämtliche ärztliche Behandlungen eines Bürgers zusammengeführt werden sollen. Abmelden davon ist nicht vorgesehen.

Vor kurzem hat das EU-Parlament einen Entschließungsantrag angenommen, der auf die Entmachtung der Nationalstaaten zugunsten eines zentralen Superstaats  hinausläuft. Alle wichtigen Kompetenzen, selbst solche, die bisher auf Ebene von Bundesländern angesiedelt waren, sollen einer „Europäischen Exekutive“ übertragen werden. Darunter alles was das Gesundheitswesen betrifft.

Elektronische Patientenakten gibt es mittlerweile in vielen Staaten, wie etwa in Deutschland und Österreich. Die sind aber so gestaltet, dass sich Bürger abmelden können und dann werden keine Daten mehr gesammelt. Ausgenommen davon sind jedoch Daten über Impfungen, da besteht Zwang.

Wie früher berichtet besteht seit 2018 ein so genannter „Fahrplan für … Zusammenarbeit bei durch Impfung vemeidbaren Krankheiten“. Wie wir mittlerweile wissen gibt es das praktisch nicht, zumindest nicht ohne größeres Risiko für die Impflinge.

Nebst Lobbying für Impfung, „Bekämpfung von Fehlinformationen über Impfstoffe im Internet und Entwicklung evidenzbasierter Informationsinstrumente“ ist auch die Schaffung des europäische Raum für Gesundheitsdaten (European Health Data Space, im Folgenden „EHDS“)“ ein zentrales Anliegen.

Als Gründe und Ziele des Vorschlags werden angeführt:

„Mit dem EHDS wird ein gemeinsamer Raum geschaffen, in dem natürliche Personen ihre elektronischen Gesundheitsdaten leicht kontrollieren können. Außerdem wird es Akteuren aus Forschung und Innovation sowie politischen Entscheidungsträgern ermöglicht, diese elektronischen Gesundheitsdaten auf vertrauenswürdige und sichere Weise unter Wahrung der Privatsphäre zu nutzen.“

Nochmals der von Floskeln entkleidete Kern: „… politischen Entscheidungsträgern ermöglicht, diese elektronischen Gesundheitsdaten … zu nutzen.“

Nun haben der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und der für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) das Projekt weiter vorangetrieben.

Konkret soll das EU-Gesetz Ärzte verpflichten, eine Zusammenfassung jeder Behandlung eines Patienten in den neuen Gesundheitsdatenraum einzustellen (Artikel 7). Ausnahmen oder ein Widerspruchsrecht sind auch für besonders sensible Krankheiten und Therapien wie psychische Störungen, sexuelle Krankheiten und Störungen wie Potenzschwäche oder Unfruchtbarkeit, HIV oder Suchttherapien nicht vorgesehen. Der Patient soll nur Zugriffen auf seine elektronische Patientenakte durch andere Gesundheitsdienstleister widersprechen können, solange kein Notfall vorliegt (Artikel 3 (9)).

Patrick Breyer, Abgeordneter der Piratenpartei im EU-Parlament, kommentiert auf seinem Blog:

„Die von der EU geplante Zwangs-elektronische Patientenakte mit europaweiter Zugriffsmöglichkeit zieht unverantwortliche Risiken des Diebstahls, Hacks oder Verlustes persönlichster Behandlungsdaten nach sich und droht Patienten jeder Kontrolle über die Sammlung ihrer Krankheiten und Störungen zu berauben“, kritisiert Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei und Mitverhandlungsführer der Fraktion Grüne/Europäische Freie Allianz im Innenausschuss des EU-Parlaments. „Das ist nichts anderes als das Ende des Arztgeheimnisses. Haben wir nichts aus den internationalen Hackerangriffen auf Krankenhäuser und andere Gesundheitsdaten gelernt? Wenn jede psychische Krankheit, Suchttherapie, jede Potenzschwäche und alle Schwangerschaftsabbrüche zwangsvernetzt werden, drohen besorgte Patienten von dringender medizinischer Behandlung abgeschreckt zu werden – das kann Menschen krank machen und ihre Familien belasten! Deutschland muss endlich auf die Barrikaden gehen gegen diese drohende Entmündigung der Bürger und Aushebelung des geplanten Widerspruchsrechts! Und im Europäischen Parlament werde ich dafür kämpfen, dass meine Fraktion per Änderungsantrag im Dezember das gesamte Parlament über diese drohende digitale Entmündigung entscheiden lässt.“

Mir macht allerdings mehr Sorgen, was die Befugten mit meinen privatesten Daten treiben, nämlich meinen Gesundheitsdaten.

Der Kommentar von Anja Hirschel, Spitzenkandidatin der Piratenpartei für die Europawahl 2024, greift genau das auf:

“Eine zentrale Datenspeicherung weckt Begehrlichkeiten in verschiedenste Richtungen. Wir sprechen dabei allerdings nicht nur von Hackerangriffen, sondern von der sogenannten Sekundärnutzung. Diese bezeichnet Zugriffe, die zu Forschungszwecke vollumfänglich gewährt werden sollen. Die Patientendaten sollen dann an Dritte weitergegeben werden. Aus Datenschutzsicht ist bereits das zentrale Ansammeln problematisch, bei Weitergabe wenigstens ein Opt-In Verfahren (aktive Einwilligung) richtig. Dies würde eine gewisse Entscheidungshoheit jedes Menschen über die persönlichen Daten ermöglichen. Wird allerdings nicht einmal ein Opt-Out Verfahren (aktiver Widerspruch) etabliert, so bedeutet dies letztlich die Abschaffung der Vertraulichkeit jeglicher medizinischer Information. Und das obwohl Ärzte in Deutschland gemäß § 203 StGB berufsständisch zurecht der Schweigepflicht unterliegen, wie u.a. auch Rechtsanwälte. Dieser Schutz unserer privatesten Informationen und das Recht auf vertrauliche Versorgung und Beratung stehen jetzt auf dem Spiel.”

Der Gesetzentwurf der deutschen Bundesregierung betont: „Im Rahmen ihrer Patientensouveränität und als Ausdruck ihres Selbstbestimmungsrechts steht es den Versicherten frei, die Bereitstellung der elektronischen Patientenakte abzulehnen.“ In Österreich kann man sich vom ELGA abmelden, abgesehen von dem Teil über Impfungen.

Im EU-Parlament gibt es bisher jedoch keine Mehrheit dafür, Patienten ein Widerspruchsrecht zu geben. Am 28. November sollten die zuständigen Ausschüsse die Parlamentsposition festlegen. Im Dezember soll das Plenum abstimmen und kann letzte Änderungen vornehmen. Sollte die Zwangs-ePA im weiteren Verlauf EU-Gesetz werden, müssten alle Mitgliedsländer das Widerspruchsrecht streichen. Eine Umfrage der Europäischen Verbraucherzentralen (BEUC) hat ergeben, dass 44% der Bürger Sorgen vor Diebstahl ihrer Gesundheitsdaten haben; 40% befürchten unbefugte Datenzugriffe.

Auch die EU-Regierungen wollen ausweislich des letzten Verhandlungsstandes eine Zwangs-ePA für alle ohne jedes Widerspruchsrecht einführen. Beschlossen werden könnte dies bereits am 6. Dezember im sog. COREPER-Ausschuss. Sollte die Zwangs-ePA EU-Gesetz werden, würden alle Länder das umzusetzen haben. Der Verdacht besteht allerdings, dass die Regierungen in Österreich und Deutschland das mit großer Freude machen werden.

Mit der „digitalen Geldbörse“ der EU, der digitalen EU-Identität und dem digitalen Zentralbankgeld ermöglicht diese Sammlung der Gesundheitsdaten aller Bürger die totale Überwachung und Kontrolle. Die EU wird ohnehin praktisch bereits von den zahllosen in Brüssel tätigen Lobbykonzernen regiert, es herrscht systemische Korruption.


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