Von den Medien praktisch nicht beachtet, hat das Bundesgericht dem Patienten das Recht auf Wahrung seiner Geheimnisse entzogen. (BGE 2c_658/2018) Das Arztgeheimnis gehört nicht mehr dem Patienten, sondern den Behörden – ein Schritt in Richtung Totalitarismus.

Der Inhalt von Patientenakten untersteht dem Arztgeheimnis. Das bedeutet, dass die Angaben zu Gesundheit und Krankheit, die dem Arzt überlassen werden, auch beim Arzt bleiben und keinesfalls weitergegeben werden dürfen. Das sogenannte «Arztgeheimnis» ist also ein Recht des Patienten, das den Arzt verpflichtet. Er hat das Recht, zum Schutz des Patienten jede Auskunft zu verweigern. Diese Rechte des Patienten und seines Arztes hat das Bundesgericht in einem Grundsatzurteil vom 18. März 2021 aufgehoben.

Anlass war die Revision des Gesundheitsgesetzes durch den grossen Rat des Kantons Tessin am 11.12.2017. Neben weiteren umfassenden Eingriffen in das Arzt- bzw. Patientengeheimnis beinhaltete die Neuerung, dass der kantonsärztliche Dienst, also die Aufsichtsbehörde, zukünftig im Rahmen einer sogenannten Überprüfung der Dienstleistungsqualität des Arztes Einblick in beliebige Patientenakten nehmen dürfe.

Dagegen haben vier Ärzte des Kantons Tessin Klage erhoben. Dieser Teil des Beschlusses des grossen Rates des Kantons Tessin wurde nun vom Bundesgericht gestützt. Das Recht des Patienten, dass die einem Arzt anvertrauten Geheimnisse geschützt bleiben, ist damit gekippt.

Das verstösst gegen das Recht auf Privatsphäre Art. 13 BV und Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, sowie gegen die bisherigen Auslegungen von Art. 321 des Strafgesetzbuches (Verletzung des Berufsgeheimnisses) und läutet einen Paradigmenwechsel und eine heimliche Verfassungsänderung ein, am Volk vorbei.

Gemäss Bundesgericht gehört das Arztgeheimnis also nicht mehr dem Patienten. Die Daten können vielmehr von allen Stellen verwendet werden, die dem Arztgeheimnis unterstehen. Ob der Patient dem zugestimmt hat oder nicht, spielt keine Rolle. Diese Stellen können aufgrund der gewonnen Daten Massnahmen auslösen.

Obwohl grundsätzlicher Natur, hat das Urteil in den Medien keinen Widerhall gefunden. Es hebt neben dem Schutz der Privatsphäre (Art. 13 BV) in Teilen den Verfassungsgrundsatz der körperlichen und geistigen Unversehrtheit auf (Art. 10 BV), der – wir wissen es – durch die Pandemiepolitik bereits ausser Kraft gesetzt worden ist.

Aufmerksam geworden sind wir auf diese fundamentale Rechtsänderung durch einen Beitrag der Zürcher Gerichtspsychiaterin Catja Wyler vom 23. Juli («Das Ende der ärztlichen Schweigepflicht; wollen wir das?», )

Dr. med. Catja Wyler ist eine sehr eigenständige Psychiaterin mit besten Referenzen: zahlreiche wissenschaftliche Publikationen, erste niedergelassene Gerichtspsychiaterin der Deutschschweiz.

Vor drei Jahren stand die Kantonsärztin des Kantons Zürich, Frau Dr. Meier, mit amtlicher Begleitung in ihrer Praxis, ordnete die Wegweisung des anwesenden Patienten an und verlangte Akteneinsicht. Dies wurde ihr von Catja Wyler verweigert.

In der Folge wurde ein zweiter kantonsärztlicher Besuch angekündigt, bei dem Catja Wyler allerdings nicht anwesend war. In einem dritten Schritt wurde Catja Wyler vorgeladen. Die Begründung, die erst auf Nachfragen geliefert wurde: Der kantonsärztliche Dienst sei wegen eines Leserbriefs in der Schweiz. Ärztezeitung und durch ihre Publikationen auf sie aufmerksam geworden. Diese Publikationen wurden allerdings alle vor Veröffentlichung durch Experten geprüft.

Später wurde Catja Wyler einstweilig die Berufsausübungsbewilligung entzogen, weil man an ihren geistigen Fähigkeiten zweifle. Die Bewilligung würde ihr nach einer psychiatrischen Begutachtung wieder gewährt. Eine solche Begutachtung ist allerdings nur unter rechtsstaatlichen Verhältnissen möglich, die nun offensichtlich nicht mehr bestehen.

Fazit:

  • Es findet eine schrittweise Aushöhlung der Menschenrechte statt, indem die geschützte Arzt-Patient-Beziehung zerstört wird.
  • Kritiker dieser Entwicklung werden behördlicher Willkür unterzogen und es wird ihnen die ökonomische Basis entzogen.

Dies sind Massnahmen zur Ausschaltung von Kritik und Widerstand, wie sie auch der Wegbereitung totalitärer Diktaturen dienten. Dazu Hannah Arendt in «Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft»:

«Stalin begann seine gigantischen Säuberungen nicht 1928, als er einräumte: ‹Wir haben innere Feinde›, sondern 1934, als alle früheren Gegner ‹ihre Fehler eingestanden› hatten und Stalin selbst auf dem Siebzehnten Parteitag erklärte: ‹Es gibt nichts mehr zu beweisen und, wie es scheint, auch niemanden zu bekämpfen.›»

(Rückübersetzung aus dem Englischen, Red.)