Die Verkehrsbetriebe und ihr Personal haben sich lange dagegen gesträubt. Jetzt steht der Termin fest. Der Senat hat sich durchgesetzt.

Ein wichtiger Teil der Mobilität in Berlin: einer von rund 1500 Bussen der BVGImago/Sabine Brose

Fahrscheine im Bus mit Münzen und Geldscheinen erwerben: Das ist bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) seit fast drei Jahren nicht mehr möglich. Doch zu Beginn des neuen Jahres führt das Landesunternehmen diese Bezahlmöglichkeit wieder ein. „Die BVG nimmt zum 16. Januar 2023 zusätzlich zum kontaktlosen Ticketverkauf den Barvertrieb in den Bussen wieder auf“, teilte Unternehmenssprecher Jannes Schwentu der Berliner Zeitung auf Anfrage mit. Doch die BVG machte deutlich, dass sie die Bargeldzahlung im Bus nicht freiwillig wiedereinführt. Personalvertreter äußern heftige Kritik und fordern, auf die Maßnahme zu verzichten – auch um Fahrerinnen und Fahrer weiterhin vor Corona zu schützen.

Als die Corona-Pandemie vor knapp drei Jahren die ersten Höhepunkte erlebte, reagierte die BVG umgehend. Zwar fuhren die Busse fast ohne Einschränkungen weiter. Doch ab März 2020 wurden die jeweils vordere Tür und der Fahrerbereich für Fahrgäste gesperrt, um das Personal vor einer Ansteckung zu bewahren. Fahrscheine gab es nicht mehr zu kaufen.

Ticketabsatz und Einnahmen sind eingebrochen

Zwar wurde der Vordereinstieg in den BVG-Bussen nach längeren Diskussionen mit Personalvertretern und der Gewerkschaft Verdi im Juli 2021 wieder geöffnet, und der Fahrscheinverkauf wurde wieder aufgenommen. Doch die BVG akzeptiert dort seitdem nur kontaktlose Zahlungsarten wie EC- und Kreditkarten. BVG-Guthabenkarten, die es in den neun Kundenzentren des Unternehmens, bei rund 300 BVG-Agenturen und 500 Lotto-Annahmestellen gibt, werden ebenfalls anerkannt. Zahlungen mit Münzen und Geldscheinen waren dagegen weiterhin nicht möglich.

Die rot-grün-rote Koalition und der Fahrgastverband IGEB blieben allerdings bei ihrer Forderung, Bargeld wieder als Zahlungsmittel anzuerkennen. Nun reagiert die BVG – deutlich früher als erwartet. Bislang hieß es, dass die Umstellung erst im zweiten Quartal 2023 möglich sei, weil Personal geschult und Technik angepasst werden müsse. Jetzt soll der Barverkauf schon am dritten Montag im Januar wieder losgehen.

Die BVG machte deutlich, dass der Anstoß von außen kam. „Um Mitarbeitende vor Infektionen zu schützen, setzt die BVG seit Corona in ihren Bussen auf ausschließlich kontaktlosen und damit bargeldlosen Ticketverkauf. Die zuständige Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz hat nun jedoch entschieden, dass ein Ticketkauf im Bus auch mit Bargeld möglich sein muss“, erklärte BVG-Sprecher Schwentu.

Zwar sind Absatz und Erträge eingebrochen, seitdem in Bussen keine Tickets mehr gelöst werden können. 2019 hatte die BVG dort beim Fahrscheinverkauf noch rund 40 Millionen Euro eingenommen. 2022 waren es dagegen im Zeitraum von Januar bis Juli nur noch 112.000 Euro pro Monat, teilte die Senatsverwaltung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion hin mit. Allerdings betont die BVG auch, dass der Umgang mit Bargeld hohe Kosten mit sich bringe. Rechtlich sieht sie sich auf der sicheren Seite. Das Argument: Die Beförderungsbedingungen könnten vorsehen, dass ein Unternehmen nicht verpflichtet sei, in ihren Fahrzeugen einen Barverkauf zu ermöglichen, sofern auch andere Zahlungsarten zur Verfügung stehen.

„Rot-Grün-Rot hat sich im Koalitionsvertrag klar positioniert“

Doch der Senat entgegnete, dass die für die BVG verbindlichen Beförderungsbedingungen des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) bislang nicht angepasst worden seien. Zudem sei die Guthabenkarte noch nicht im BVG-Tarif berücksichtigt, hieß es weiter. Fahrgäste, die nicht kontaktlos zahlen könnten, seien in den Bussen trotzdem zu befördern, folgerte Staatssekretärin Meike Niedbal (Grüne) – das konnte man als Tipp sehen, wie legal Fahren ohne Ticket möglich ist. Der Senat wies die BVG im Oktober 2022 an, den Auftrag der Koalition umzusetzen.

„Rot-Grün-Rot hat sich im Koalitionsvertrag klar dazu positioniert, dass die Barzahlungsmöglichkeit im Bus wiederhergestellt wird“, bekräftigte der Linke-Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg. „Die Entscheidung zur Abschaffung seitens der BVG seinerzeit war unabgesprochen und hat zu Konflikten geführt. Hierbei geht es der Linken um Grundsätzliches: Spontane Mobilität muss weiterhin für alle – auch im Busverkehr – möglich sein.“

Die Guthabenkarte könne kein adäquater Ersatz sein, so Ronneburg. „Niemand kann dazu gezwungen werden, der BVG ohne Weiteres einen Kredit einzuräumen, nur weil man ein paar Haltestellen mit dem Bus fahren will. Und niemand sollte dazu gezwungen werden, mit Kredit- oder Girokarten zahlen zu müssen und seine Daten zu hinterlassen.“

Nötig sei aber eine Entlastung des Busfahrpersonals. „Denn eine Rückkehr zu den Zeiten, in denen die Fahrerinnen und Fahrer mit den Kassetten über den Betriebshof laufen mussten, sollte eigentlich der Vergangenheit angehören“, mahnte der Linke-Abgeordnete.

Gewerkschafter schreibt Wirtschaftssenator Brief

Die Personalvertreter wollen sich jedoch nicht auf später vertrösten lassen. Sie verlangen, die Umstellung zu stoppen. „Ich fordere Sie auf, diese Maßnahmen nochmals zu überdenken und mit dem VBB zu beraten, um eventuell zu einer anderen Entscheidung zu gelangen“, schrieb Matthias Templin, Sprecher der Bezirks- und Landesbezirksfachgruppe Busse und Bahnen von Verdi, dem Wirtschaftssenator Stephan Schwarz. Der parteilose Politiker ist Vorsitzender des BVG-Aufsichtsrats.

Mehr als 90 Prozent der Busfahrgäste würden den elektronischen Ticketverkauf akzeptieren, so der Gewerkschafter. Das Fahrpersonal fühle sich sicherer – nicht nur vor Übergriffen und Überfällen, sondern auch vor Corona. Die Wiedereinführung des Barverkaufs würde „viel Unverständnis bei unseren Fahrpersonalen hervorrufen“, heißt es in dem Schreiben weiter. Zudem sei in der aktuellen Covid-19-Infektionslage zu befürchten, dass sich die Krankenstände weiter erhöhen und Fahrten ausfallen.

„Oldschool und weltfremd“

„Viele Zahlungsvorgänge in unserer modernen Welt finden längst elektronisch statt“, sekundierte Verdi-Sekretär Jeremy Arndt. Er hält es für „anachronistisch“, die BVG in ihren Bussen wieder zum Bargeldverkauf zu zwingen. Allein der Unterhalt der Geldabwurfmaschinen, denen das Fahrpersonal Münzen und Geldscheine anvertrauen müsse, koste die BVG monatlich einen fünfstelligen Betrag, so Matthias Templin. Was nun geplant sei, wäre „oldschool und weltfremd“.

Quelle: berliner-zeitung.de

Anmerkung der Coldwellian Times Redaktion:

Bargeld bedeutet Freiheit! – Unbedingt überall mit Bargeld bezahlen und Orte meiden, wo jene nicht (mehr) zulässig ist.