Deutsche Kliniken sollen während der Corona-Krise betrogen haben, um mit Freihaltepauschalen Millionenbeträge zu kassieren. Auch in Zusammenhang mit Geldern für neue Intensivbetten soll betrogen worden sein. Eine Gruppe aus Anwälten, Staatsanwälten sowie einem Richter hat Strafanzeige gegen zwei große deutsche Krankenhäuser im Raum Saarland eingereicht. Die Juristen: „Die Strafanzeige zeigt schlaglichtartig, wie diese Institutionen auf strafrechtlich relevante Art und Weise von der Corona-Krise wirtschaftlich profitiert haben“.
Deutsche Kliniken konnten seit dem Ende November 2020 Freihaltepauschalen kassieren, wenn es in ihrem Landkreis weniger als 25 Prozent freie Intensivbetten gab. Dazu musste die Corona-Inzidenz bei mindestens 70 liegen. Auf diese Weise konnte ein Krankenhaus mit 600 Betten bis zu 50.000 Euro Freihaltepauschalen am Tag kassieren. Die Gelder wurden für alle freien Betten einer Klinik gezahlt, nicht nur für Intensivbetten. In der Tagesschau hieß es dazu bereits im vergangenen Juni, dass „alle möglichen Kliniken große Summen als Freihaltepauschalen erhalten“ hätten. Darunter seien auch „spezialisierte Häuser wie reine Augenkliniken“ gewesen, die „niemals einen Covid-Patienten behandelt hätten“. Die Tagesschau schrieb dazu weiter: „Ein 600-Betten-Haus konnte auf diese Weise leicht 50.000 Euro Freihaltepauschalen pro Tag kassieren. Zuletzt bezog nach Angaben des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen jedes zweite Krankenhaus, genau 977 Kliniken, Geld durch diese Pauschalen.“
Allein im Fall der beiden Kliniken, gegen die jetzt Strafanzeige gestellt wurde, soll es sich den Juristen zufolge um einen Betrag von 18 Millionen Euro handeln. In der Anzeige heißt es weiter, dass nicht nur die Kliniken betroffen seien: „Nur in einem Zusammenwirken mit DIVI, RKI und BMG ist die Mittelvergabe, praktisch auf Zuruf der Kliniken, zu verstehen.“ Die Juristen gehen davon aus, dass „hier sehenden Auges die Möglichkeit betrügerischen Verhaltens der Kliniken in Kauf genommen worden“ sei.
Die Juristen, die Strafanzeige gegen die Saarbrücker Kliniken gestellt haben, gehen davon aus, dass die beiden zur Anzeige gebrachten Fälle nur die Spitze des Eisbergs sind. Sie teilen mit: „Der Sachverhalt sollte öffentlich gemacht werden, handelt es sich bei den hier involvierten Kliniken doch nur um zwei von circa 100 Kliniken, die gleichartig vorgegangen sind.“ Die Juristen befürchten die „mögliche Verschwendung eines Milliarden-Betrages“. Die zuständige Staatsanwaltschaft wollte keine Auskunft zum Stand der Ermittlungen geben. Staatsanwalt Dominik Degel teilte auf Anfrage der Berliner Zeitung mit, dass „aus Gründen des Verfahrensschutzes gegenwärtig keine Auskünfte erteilt werden können“.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat unterdessen bestätigt, dass sie ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Subventionsbetruges eingeleitet hat. Der Hintergrund seien möglicherweise „zu Unrecht erhaltene Zahlungen für freigehaltene Corona-Betten“, schreibt die Wirtschaftswoche. Betroffen ist laut Wirtschaftswoche das Asklepios-Klinikum Schildautal in Seesen. Asklepios bestätigte, dass dem Unternehmen bekannt sei, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wohl „im Zusammenhang mit der Beantragung von Ausgleichszahlungen gemäß Krankenhausfinanzierungsgesetz § 21 gegen die Asklepios Klinik Seesen eingeleitet hat“. Ein Sprecher des Unternehmens teilte der Wirtschaftswoche mit: „Darüber sind wir sehr erschrocken.“